3D Videos bearbeiten

Stand: November 2014




Die Be- und Verarbeitung von 3D-Videos bereiten vielen und viele Schwierigkeiten. Die Camcorder-Hersteller bieten für ihre Produkte eigene Formate und Codecs an, die von den allgemein verbreiteten Video-Schnittprogrammen oftmals nicht verarbeitet werden können.

Ich habe mich daher für einen einfachen Weg entschieden. Die einfache Kamera speichert die Full-HD- bzw. Low-HD-Videos im Side-by-Side-Verfahren(sbs), genauer gesagt, im halben sbs-Verfahren(hsbs). Dabei werden die beiden Videos (linke und rechte Seite) anamorph gestaucht, d.h. auf ihre halbe Breite geschrumpft. Die beiden Videos mit beispielsweise 1280x720 Pixel werden jeweils auf 640x720 Pixel verringert, daher passen beide Videos auf ein normales Filmbild von 1280x720 Pixel. Das Abspielgerät, bei mir ein TV von LG, "bläst" die beiden Teilvideos wieder auf das normale Maß von 1280x720 und stellt sie für die von mir benutzte passive Polarisationsbrille aufbereitet auf dem Bildschirm dar.  Andere TV-Geräte hätten auch keine Probleme, die Filme für z.B. Shutterbrillen darzustellen.

Durch diese hsbs-Verfahren stellen sich die Stereovideos wie normale Videos dar. Der Inhalt ist für die Verarbeitungsschritte unrelevant, wichtig ist die Einhaltung des Formats von 1280x720 oder 1920x1080. Damit können alle Videoprogramme arbeiten. Schneiden, vertonen, arrangieren etc. erfolgt ganz normal wie bei allen 2D-Videos.

Nun ist es aber normal, dass beim Videoen (Verb von Video ?) Kamera oder Kameramann/-frau zittern, wackeln oder nur ihren Herzschlag auf die Kamera übertragen, weil kein Stativ benutzt wird. Mit dem Videoschnittprogramm, das in den meisten Fällen auch Wackler ausgleichen kann (deshaken), kommt man leider nicht weiter, denn es behandelt das Video ganz normal wie ein 2D-Video und würde zum Ausgleichen von Schwankungen  das gesamte Video zum Ausgleichen verschieben. Hierdurch würden beide Videos beim Abspielen im TV "durcheinander" kommen. Das Bild wäre nicht anzusehen. Also müssen zum deshaken zunächst beide Teilvideos getrennt genommen und einzeln entwackelt werden. Danach müssen die entwackelten Teilvideos wieder zusammengefasst und als ein Video gespeichert werden.

Im Internet ist ein kostenloses Programm verfügbar, dass nicht nur diesen Anspüchen gerecht wird, sondern für verschiedenste 3D-Konstellationen die Möglichkeiten zur Entwacklung (und mehr) bietet:
der Stereo-Deshaker

Im folgenden Video kann man den Erfolg des Stereo-deshakers sehen. Es handelt sich bei beiden Videos um den linken, gestauchten Teil eines 3D-Videos. Auf der linken Seite ist das Original zu sehen und auf der rechten Seite das Ergebnis des Deshakers.




Auffällig ist das rechte Filmbild etwas vergrößert. Zum Ausgleichen der Wackler muss der Film hin- und hergeschoben werden. Dadurch würde sich der Filmrand in die Ausgleichrichtung verschieben und der Film äußerst unruhig wirken. Daher wird das Bild je nach Notwendigkeit vergrößert und an den Rändern abgeschnitten.  Somit geht etwas Bildmaterial verloren, in diesem Fall etwa 10 Prozent.  Der gesamte Filmclip wird folglich um 10 Prozent aufgezoomt, um das Originalmass von hier 640x720 Pixel zu erreichen, und somit etwas unschärfer.

Der Stereo-Deshaker stellt die entwackelten Stereofilme als einzelne Filme für die linke und rechte Seite als Ausgabe zur Verfügung. Sie werden jeweils mit Film_l und Film_r bezeichnet, wobei Film die jeweilige Originalbezeichnung ist. Dabei kann man auswählen, ob ein "echter" Film oder ein virtueller Film ausgegeben wird. Bei dem virtuellem Film (Dateiendung: avs) erfolgt keine Veränderung des Orginalfilms. Stattdessen wird bei Aufruf des avs-Filmes das Programm AVISYNTH gestartet, das die Filmbilder unter Berücksichtigung der vom Stereo-Deshaker ermittelten Änderungen  einzeln an das aufrufende Programm weitergibt. Das aufrufende Programm kann ein Video-Betrachtungsprogramm, ein Video-Schnittprogramm oder auch der nachfolgen beschriebene StereoMovieMaker(SMM) sein. AVISYNTH arbeitet somit "lediglich" als frameserver.

Was muss jetzt noch getan werden ?

Jetzt liegen beide beruhigten Teilfilme vor. Für das stereoscopische Sehen müssen oder sollten sie ausgerichtet werden. So ist die Tiefe des Scheinfensters festzulegen und evtl. auch ein bestimter Ausschnitt.  Auch hierzu gibt es ein im Internet kostenfrei beziehbares Programm: den StereoMovieMaker (im Fachjargon: SMM genannt) auch in deutscher Fassung.
Stereo Video Maker stvmkrg.exe einfach mal googlen nach der aktuellen Fassung (bei mir 1.21).

Der SMM kann vorhandene Filmclips abspielen oder auch in den verschiedensten Formaten abspeichern, z.B. side-by-side, oben-unten, anaglyph rot/cyan, anaglyph grau usw. Ich bleibe immer in meinem ursprünglichem hsbs-Format. Dabei muss ich beim Abspeichern darauf achten, die Größe auf 640x720 Pixel umzustellen. Dann erhalte ich wieder ein Stereoformat von insgesamt 1280x720 Pixel.

Nach Möglichkeiten vermeide ich innerhalb des SMM Filmschnitte. Und nur ausnahmsweise wähle ich Ausschnitte, da die Vergrößerung immer zu Schärfeverlusten führt.  Wenn aber Ausschnitte erforderlich werden, dann bitte im SMM und nicht im Video-Schnittprogramm, was bei meinem Programm zu unmöglichen Ergebnissen führen würde.

Die Ausgabe aus dem SMM speichere ich in einem verlustlosen Codec ab. Nach Empfehlungen im Stereo-Forum nehme ich den Canopus HQ oder den Canopus HQX von Grass Valley. Auch diese Software gibt es für den privaten Gebrauch kostenfrei zum Download. Solange die Clips immer in diesem Codec gespeichert und verarbeitet werden, bleibt der Film nahezu unverändert und hat gegenüber anderen Codecs keine Qualitätsverluste. Die Daten werden im AVI-Container gespeichert und sind ziemlich umfangreich.

Nach dem Abspeichern aus dem SMM  verwende ich für die weitere Verarbeitung ein normales Video-Schnittprogramm, in meinem Fall MAGIX Video de Luxe MX. Hier kann der vorliegende  Standardfilm von 1280x720 Pixel ganz normal bearbeitet werden. Die Clipse können verküzt, geschärft, farblich verändert werden usw.  Nicht verändert werden darf die Größe des Filmbildes an sich, keine Ausschnitte, keine Vergrößerungen, keine Bildverschiebungen.
Der Ton liegt bei meiner Kamera nur mono vor. Somit macht auch die Tonspur keine Schwierigkeiten. Die zusätzliche Vertonung mit Musik und/oder Geräuschen kann normal erfolgen.
Nach vollständigen Schnitt, evtl. Nachvertonung und Betitelung wird im Regelfall mit einem H.264-Codec im MP4-Container gespeichert. Dann können auch die Speicherplatz fressenden Canopus AVI-Dateien gelöscht oder auf andere Datenträger ausgelagert werden.
Zum immer wieder gebrauchtem Argument: Das hsbs-Format bietet nur die Hälfte der Filminformation und daher schlechtere Ergebnisse:
Es wird bei der Aufnahme tatsächlich anamorph gespeichert und nach dem weiteren Verlauf auch ausgegeben, aber dafür werden zwei ähnliche, nicht genau gleiche Bilder über die Augen dem Gehirm zur Analyse angeboten. Hieraus können wir dann sogar Abstände und Tiefen ermitteln. Das Bild wird zu einem Blick aus einem realen Fenster, bietet somit mehr Informationen als ein Blick auf ein wesentlich schärferes Flachbild. Und ... beide Bilder ergeben immer noch 1280x720 Pixel, also so viel wie ein "normales" Filmbild.

Und wer es besonder schön haben will, kann ja in Full-HD aufnehmen und weiter verarbeiten. Nach meinen Erfahrungen dauert dann der technische Ablauf mindestens viermal so lange. Mir reicht bereits der Zeitaufwand für das Low-HD-Format. Und selbst die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten bringen ihr HD-Programm auch "nur" in dieser Größe. Bei Fernsehern mit 42 Zoll (rd 107 cm) Diagonale bemerkt man den Unterschied zwischen Full- und Low-HD erst, wenn man unter 2 Metern Entfernung bleibt oder Adleraugen hat.


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